Herren des Schicksals from agencyteam on Vimeo.
Die erste Straßenzeitung, nach amerikanischem Vorbild, «Big Issue», erschien in London 1990. In Deutschland gab es die erste Straßenzeitung 1992. Das Stuttgarter Magazin «Trott-war», das im Video beworben wird, erschien als vierte deutsche Straßenzeitung erstmalig 1994. Und das heute auflagenstärkste Schweizer Heft «surprise», mit 100 Verkaufsorten in der gesamten Schweiz, wurde 1997 gegründet.
Durch den Verkauf der Straßenzeitungen erhalten Menschen mit geringem Einkommen eine neue Perspektive. Ich mag die spezielle Lektüre nicht nur aus diesem Grund. Die Begegnungen oder Gespräche beim Kauf können, müssen aber nicht zwangsläufig, berührend und interessant sein. Ich habe mit unterschiedlichen VerkäuferInnen, in immer neuen Städten, und wohlbemerkt, bei unterschiedlicher, eigener Tagesform, die verschiedensten Erlebnisse gehabt. Ein weiterer Grund betrifft die Magazine selbst.
Viele Strassenzeitungen sind hervorragend gemacht, sowohl von der Gestaltung, wie vom journalistischen Inhalt. Von gesellschaftskritischen bis zu sozialen Inhalten, oder Stimmen aus den Randbezirken der Gesellschaft, und guten Essays, zu dem, was uns als Menschen in der Essenz ausmacht, reichen, je nach Magazin, die Themen. Oftmals werden die Heftinhalte ergänzt durch eine gute (sozio-)kulturelle Veranstaltungsagenda.
In Sachen Werbung und Marketing sind diese Magazine oft in guten Händen, wie das obige Video von agencyteam für das Stuttgarter Srassenmagazin zeigt. Mittlerweile haben sich rund um diese journalistischen Formate bei vielen Stadtzeitungen noch ergänzende Angebote entwickelt, die, meines Erachtens, ebenfalls allen Parteien dienen.
SCHULE DES LEBENS
Vom Strassenchor über den sozialen Stadtrungang, wie ihn zum Beispiel surprise in mehreren Städten der Schweiz anbietet, bis zum «Salon Surprise» bei dem Surprise-Verkaufende und /-Chormitglieder beim Basler Wildwuchs-Festival 2013 auf der Bühne standen. Ganz nach dem Motto des Salons: «Wir sind Überlebenskünstler. Unsere Schule war die, des Lebens.»
Von dieser Schule lernen wir alle jeden Tag durch unsere eigenen Erfahrungen. Und manchmal lernen wir lesend, aus zweiter, aber sachkundiger Hand.
STRASSENZEITUNGEN
Stuttgart: trott-war | Hamburg: hinz & kunz | Schweiz: surprise | England: THE BIG ISSUE | zum «Salon Surprise»
SCHLUSSBEMERKUNG
Was mich gewundert hat, ist die Hintergrundmusik im ersten Video «Herren des SchicksalsHerren des Schicksals». So schön ich die «Herren des SchicksalsGymnopédie No. 1» von Erik Satie auch finde, der Hintergrund des Stückes steht ziemlich quer, zum Inhalt und Anliegen der Kampagne. Viele Leute kennen das Stück von der Melodie her, müssen aber bei dem nicht einfachen Namen oft passen.
Der Begriff Gymnopaedie (auch Gymnopedie oder Gymnopädie) leitet sich etymologisch von den altgriechischen Worten gymnos = "nackt" und pais = "Junge" ab. Die Gymnopaedie (griech.: Γυμνοπαιδίαι) war ein jährliches Fest im antiken Sparta, auf dem nackte männliche Jugendliche ihre athletischen Körper und kriegerischen Fähigkeiten in Tänzen und sportlichen Wettbewerben zur Schau stellten.
Da müsste man mal die Werbeagentur fragen, was der Vater des Gedanken war. Weil aber die«Herren des Schicksals Musik «Herren des Schicksal»von Erik Satie so schön ist, schauen wir lieber nochmal dort hin, und zwar in Jeff Meshels Musikblog. Verschiedene Hörbeispiele, viel Interessantes rund um das Stück und das alles in der ganz besonderen Schreibweise von Jeff, dessen Blog ich des öfteren mit viel Vergnügen lese. Ich kann mich nur wiederholen. Wie gut, dass es sachkundige Experten gibt.
mehr zu Gymnopaedie | Jeff Meshel in seinem englischsprachigen Blog über Saties Stück