Ungezählte Jahre durchstreifte der Weltenvogel den Kosmos.
Mit kräftigem Flügelschlag durchmass er die Ewigkeit.
einer seiner Flügel.
Nun flog der Weltenvogel seltsam
taumelnd und geschwächt.
Immer kürzer wurde sein Flug,
immer kleiner die Strecken.
Und eines Tages landete er
erschöpft auf einem Baum.
Der Weltenvogel war müde,
sein Flügel schmerzte ihn.
All die Tage und Jahre vergingen,
und er wurde zum Erdenvogel.
Er vergass die Weite des Kosmos
und die Gabe des Fluges.
Da kam der Herbst der Zeiten, und
viele Erdenvögel erhoben sich.
Sie brachen auf und flogen in
ein wärmeres Land.
Erstaunt und sehnsüchtig sah
er ihnen dabei zu.
Kleine, grosse und bunte Vögel –
alle flogen miteinander fort.
Und von weither stieg die
Erinnerung in ihm herauf.
Er spürte die Kraft
in seinen Flügeln und
war plötzlich mitten unter
ihnen – vergessen der Schmerz.
Der Wind war günstig wie nie, und
die Erdenvögel waren sich einig.
Sie würden zusammen fliegen
und sich mit ihm erinnern,
denn sie waren der Weltenvogel –
sie alle, doch nur gemeinsam.
Gabriele Castagnoli | Baldegg, 21. Oktober 2014
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